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08.04.2022

Kurzgeschichte "Alles, was noch übrig ist"





“Sa’har?”

Diese Stimme – so vertraut, trotz der Jahre, seit sie sie das letzte Mal gehört hatte. Sie klang unmöglich weit entfernt, aber nahe genug, dass sie auf der Suche nach ihrem Besitzer den Kopf drehte.

"Sa'har – bist du das?"

Die Stimme, an den Rändern von Echos verzerrt, war jetzt lauter. Näher. Sie lief darauf zu, aber ihre Füße waren schwer ... wie Blei.

"Sa’har! Ich habe immer gewusst, dass du mich finden würdest. Ich ... bin so froh, dich zu sehen."

Und da war er.

Sa'har streckte die Hand nach dem Bruder aus, den sie nicht mehr gesehen hatte, seit sie zur Ausbildung bei den Jedi gebracht wurde. Als ihre Finger sich annäherten, erkannte sie Angst und Hoffnungslosigkeit im hageren Gesicht ihres Bruders Seinen Hals umschloss eine schwere, rostige Kette.

In dem Moment, als Sa'hars Fingerspitzen das kalte Metall seiner Fesseln berührten, verschwamm das Bild vor ihren Augen. Ein tiefes, pulsierendes Summen wurde lauter und lauter. Eine unerträgliche Hitze glitt über ihrem Körper. Sie griff ungestüm nach ihrem Bruder, mit beiden Armen, doch er zerfiel unter ihren Händen, wie Schmutz und Asche.

"Ri’kan!"

Sa'har rief verzweifelt den Namen ihres Bruders, als sie erwachte, aber die einzige Reaktion war das stetige Grollen eines Schiffstriebwerks. Als ihre Sicht langsam klarer wurde, erblickte sie die Durastahl-Decke der drückend heißen unteren Decks des Schiffs. Sie war völlig nassgeschwitzt, ihre Gliedmaßen verdreht in der rauen Decke auf ihrem Feldbett.

Das war die fünfte Nacht in Folge, in der sie diesen Traum gehabt hatte. Sie verbrachte jede wache Stunde mit Meditation, in der Hoffnung auf einen Hinweis, der sie zu ihrem Bruder führte, und diese Anstrengung forderte nun offensichtlich ihren Tribut.

Aber in dieser Nacht hatte sie Ri'kan zum ersten Mal berühren können, und ihr gefiel gar nicht, was dann passiert war. War das ein Zeichen? Oder schlichen ihre eigenen Selbstzweifel sich nun schon sogar bis in ihr Unterbewusstsein?

Sa'har schob die Decke ans untere Ende ihres Bettes und setzte sich auf, mit überkreuzten Beinen und geradem Rücken.

Der Personentransporter, auf den sie sich als blinde Passagierin geschmuggelt hatte, war alt und brauchte dringend eine Generalüberholung. Aber der Wartungsraum, den sie unauffällig zu ihrer provisorischen Unterkunft gemacht hatte, lag in der Nähe des Triebwerks, und die stetige Vibration der stampfenden Kolben und Turbinen machten es ihr leicht, in Trance zu fallen. Sie hatte ihre Augen kaum geschlossen und sich konzentriert, als sie auch schon wieder an diesem Ort war, tief in ihrem Geist, und durch ihr Bewusstsein strömte die Macht, als sie nach Ri'kan rief.

"Wir können deinen Bruder immer noch finden!"

Wieder seine Stimme. Der Sith. Malgus.

Sa'har schüttelte den Kopf, konzentrierte sich erneut und versuchte verzweifelt, Kontakt aufzunehmen. Falls ihre Träume ein Zeichen der Realität waren, dann brauchte Ri'kan sie – jetzt.

"Konzentriere dich, Sa’har ..."

Sie spürte, wie ein Wohlgefühl sie überkam, als sie sich an einige der ersten Worte erinnerte, die ihr Meister zu ihr gesagt hatte ...

Knöchel umklammern ein rotes Lichtschwert. Meister Denolm hängt hilflos in der Luft. Malgus knurrt frustriert: "Weißt du, was dein Meister da gerade zerstört hat?"

Sa'har biss die Zähne zusammen. Malgus' Stimme wurde lauter. Anschuldigungen und wütende Fragen drängten sich in den Vordergrund ihres Geistes: Es war Meister Denolms Schuld, dass ihr Bruder in Gefahr war. Sie verdrängte Malgus' Hohn und konzentrierte sich darauf, Ri'kan zu finden.

"Du warst dein ganzes Leben in einem Käfig, Padawan." Malgus entwand Sa’har problemlos das Holocron. Sie konnte kaum atmen, die herabfallenden Steine drohten ihr Leben zu zerschmettern. Sie schrie ...

Sie riss die Augen auf. Ihre Gedanken, die Erinnerungen an Meister Denolm ... sie wurden immer verderbter, korrumpiert durch Malgus' Worte. Und je mehr sie auf der Suche nach ihrem Bruder meditierte, desto mehr stürzten sie sich auf sie und erfüllten ihren Geist wie ein schädliches Gas.

Ganz in ihrer Nähe, eingehüllt in einen zerlumpten Umhang, den sie gestohlen hatte, befand sich das Holocron, das Sa'har gefunden hatte, als sie aus dem zerstörten Tempel auf Elom geflohen war. Es begann plötzlich zu pulsieren. Das Relikt vibrierte immer ein wenig, aber jetzt war es intensiver – als sänge es für sie. Wusste es etwas? Konnte es spüren, was sie wollte?

Sa'har rutschte auf die andere Seite ihres hastig zurechtgemachten Quartiers und enthüllte das Holocron langsam. Es leuchtete, heller als zuvor, als würde es ihre Frage beantworten. Malgus hatte gesagt, es wäre der Schlüssel, um Ri'kan zu finden ... aber dem könne man nicht vertrauen. Das hatte Meister Denolm gesagt. Aber Meister Denolm hatte ebenfalls gelogen ...

Sie war nicht völlig ahnungslos, was alte Machtrelikte wie dieses betraf. Schließlich war Meister Denolm Historiker, und sie konnte nicht mehr zählen, wie viele sie gemeinsam ausgegraben hatten. Ihrer Erfahrung nach bestand immer die Chance, dass ein Relikt gefährlich war, aber die meisten enthielten lediglich Informationen. Nicht mehr, nicht weniger. Was sollte daran schlimm sein?

Dieses Holocron war anders als alle anderen, die sie je gesehen hatte. Die Gestaltung war schön und fein gearbeitet, aber extrem komplex. Es fühlte sich an, als könnte es zerfallen, wenn jemand es benutzen wollte, der nicht genau wusste, was er tat.

Sa'har drückte mit den Fingerspitzen gegen die Kanten des Holocrons und drehte daran. Irgendetwas schien nachzugeben, aber es blieb dennoch fest geschlossen. Sie erhöhte den Druck und verband sich über die Macht mit dem Relikt. Sie spürte eine Spannung in dem Holocron, die sich aufbaute und wuchs. Also drückte sie weiter ... und das Holocron drückte zurück.

Sie riss die Arme hoch, um sich vor etwas zu schützen, das sich anfühlte wie eine riesige, brechende Welle. Die Kraft des Holocrons stieß sie weg und warf sie auf den Rücken. Als sie sich erholt hatte, war das Pulsieren des Holocrons leiser geworden. Sein Leuchten dunkler.

Sa’har richtete sich auf und musste gegen den Drang ankämpfen, loszuschreien. Sie war nicht ganz sicher, ob der Triebwerkslärm sie übertönen würde, und wollte nicht entdeckt werden. Sie zog den Fuß zurück, um gegen das Holocron zu treten, aber plötzlich meldete sich knurrend ihr leerer Magen. Es war schon sehr lange her, seit sie etwas gegessen hatte.

Sie atmete tief durch und stellte den Fuß wieder auf den Boden. Sie streckte die Beine, dehnte Knöchel und Zehen. Sie schloss die Augen und versuchte zu spüren, ob sich jemand außerhalb ihres Quartiers befand, aber da war niemand. Wahrscheinlich waren alle im Bett.

Vorsichtig schob Sa'har die Tür auf und spähte hinaus in den Gang. Dunkelheit, Stille. Eine ideale Gelegenheit, um sich in die Küche zu schleichen.

Als sie durch den dunklen Korridor und die Treppe hinauf schlich, protestierte ihr Magen erneut und drängte sie zur Eile. So hungrig war sie nicht mehr gewesen, seit sie mit Meister Denolm auf Ossus in einer neu gebauten Flüchtlingskolonie gelebt hatte. Die Farmen brauchten einige Zeit, bis sie etwas produzierten, und die Zeit bis dahin war hart. Essen war ein Segen und musste geteilt werden.

Alle Bewohner der Kolonie lernten, mit fast nichts auszukommen. Aber das hier ... Vorräte stehlen, auf eine Fähre schleichen, um von Elom wegzukommen, als blinde Passagierin ... das alles war neu. Andererseits waren die meisten Ereignisse der letzten Tage Neuland für Sa'har.

Die Küche war so leer wie der Gang, der zu ihr führte. Sa'har betrat sie so leise und langsam wie möglich. Der Raum war fast völlig dunkel, bis auf ein einzelnes Licht, das jemand gedankenlos – und hilfreich für Sa’har – in einer der Vorratskammern hatte brennen lassen.

Sie war auf halbem Weg dorthin, als plötzlich etwas zu Boden fiel. Das Geräusch von Metall auf Metall hallte durch die Küche, und Sa'har erstarrte.

Die Silhouette einer Frau erschien im Türrahmen der erleuchteten Vorratskammer. Sie war kaum größer als Sa'har, aber älter. Ihr braunes Haar war kinnlang, und sie hatte zwei kybernetische Beine.

"Oh, tut mir leid!", lächelte die Frau. "Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass noch jemand hier reinkommt."

Sa'har fand keine Worte für eine Antwort. Die Kleidung der Frau war einfach, unscheinbar – aber nicht die einer Mechanikerin oder eines Crewmitglieds. Wahrscheinlich eine Passagierin, die nicht wusste – oder der es egal war –, dass sie gerade eine blinde Passagierin ertappt hatte.

"Ich bin wohl nicht die Einzige, die nicht schlafen kann, wenn sie hungrig ist". Die Frau hielt eine verblasste, verbeulte Dose und einen Topf hoch, der eindeutig schon bessere Tage gesehen hatte. "Ich wollte mir gerade diesen Hornhecht-Eintopf aufwärmen. Ich glaube nicht, dass jemand was dagegen hätte." Sie musterte die Dose. "Unfassbar, dass sie so etwas überhaupt haben. Willst du auch was?"

Sa'har nickte langsam, und die Frau öffnete die Tür ein Stück weiter, sodass das Licht der Vorratskammer Sa'hars Gesicht und den Zubereitungsbereich der Küche vollständig erhellte. Sa'har wandte sich von der Frau ab und zwang ihr pochendes Herz, langsamer zu schlagen. Sie trat an den Tisch, der der Vorratskammer am nächsten stand, und hob sanft zwei der Stühle herunter, die darauf platziert worden waren.

"Danke", sagte die Frau, während sie den Eintopf in den Topf goss. "Das dauert bestimmt nur ein paar Minuten."

Kurz darauf erfüllte ein durchdringender Geruch die Küche. Sa'har konnte riechen, wie scharf das Gericht war, als die Frau zwei Portionen in Schüsseln füllte und sie auf den Tisch stellte.

"Ich muss beim Essen nicht reden", sagte die Frau, als sie Sa'har gegenüber saß, "aber ich finde ein Abendessen in Gesellschaft immer angenehmer. Es freut mich, dass du aufgetaucht bist, äh ..."

Sa'har räusperte sich und zog eine Schüssel zu sich heran. "... Tau. Mein Name ist Tau."

"Schön, dich kennenzulernen, Tau." Die Frau nahm einen Löffel Eintopf, blies den Dampf weg und kostete. "Nicht schlecht."

Sa'har probierte ebenfalls einen Löffel. Es war mehr als nicht schlecht. Sie war nicht sicher, ob es daran lag, dass sie tagelang nichts gegessen hatte, aber es war vielleicht das Beste, was sie je gekostet hatte. Stille füllte den Raum zwischen ihnen, als sie den Eintopf verzehrten.

"Nun, das ist wahrscheinlich das größte Kompliment, das ich je für meine Kochkunst bekommen habe."

Sa'har musste unwillkürlich grinsen. "Es ist wirklich sehr gut. Danke übrigens."

"Ich helfe gerne." Die Frau nahm einen weiteren Bissen, und als die Stille zurückkehrte und sich in der Dunkelheit ausbreitete, rührte sie mit ihrem Löffel in ihrer halb leeren Schale herum. "Und ... was machst du so, Tau?"

Sa'har hustete und versuchte, die Situation mit einem weiteren Löffel Eintopf zu überspielen. "Was ich mache?"

"Tut mir leid", lachte die Frau. "Als ich sagte, ein Abendessen in Gesellschaft sei immer angenehmer, meinte ich eigentlich, dass ich betretenes Schweigen hasse."

Sa'har lächelte schmallippig und hoffte verzweifelt, ihre rasenden Gedanken würden nicht auffallen. "Ich, äh ... ich bin Farmerin."

"Wow! Wirklich?", grinste die Frau. "Ich auch!"

"Also ... ich war Farmerin." Sa'hars Löffel kratzte über den Boden ihrer Schüssel. "Ich musste gehen."

"Oh! Nun, das ist schade." Die Frau runzelte die Stirn. "Oder ist es das nicht? Wolltest du etwas anderes machen?"

"Ich ... das weiß ich gar nicht." Sa'har schob die nun leere Schüssel in die Mitte des Tischs. Sie spürte, wie Tränen in ihre Augen stiegen, und biss die Zähne zusammen, um sie zu bekämpfen. "Mein ... mein Vater ... ist gestorben. Er hat mir alles beigebracht – über Landwirtschaft."

Auf dem Gesicht der Frau zeigte sich deutlich tiefes Mitgefühl. Sa'har lehnte sich zurück und verschränkte die Arme, als würde sie einen Schild vor sich halten. "Ich weiß, er würde wollen, dass ich weitermache. Weitermache mit allem, was er mir beigebracht hat. Aber ..."

Meister Denolm schreit einen Befehl über das Getöse des Gefechts. "Zerstöre diese Maschine und alle Aufzeichnungen davon!"

"Aber ich weiß nicht mehr, ob ich das auch will", sagte Sa'har gereizt.

"Das tut mir leid." Auch die Frau war mit dem Essen fertig. Mit trüber Miene schob sie ihre leere Schüssel neben die von Sa'har. "Es tut mir wirklich leid. Ich habe meine Mutter verloren, als ich noch sehr jung war."

Die Frau sah Sa'har mit einer Offenheit und Ehrlichkeit an, die Sa'har kaum kannte. Ihr ganzes Leben lang war ihr die Wahrheit vorenthalten worden ... dass jemand so begierig zuhörte und verstehen wollte, übte großen Reiz auf sie aus.

"Mir tut es auch leid." Sa’har schluckte. "Und mein Vater ..."

Ihr Bruder, ganz allein, zerreißt sein Spielzeug in zwei Hälften. Malgus' heisere Stimme hallt durch die Ruinen. "Wie viele wurden zurückgelassen ..."

"Er hatte viele ... Geheimnisse. Von denen ich erst jetzt erfahre. Ich frage mich, ob ich ihn jemals wirklich kannte. Ob ich auf ihn hätte hören sollen. Ob er mir den richtigen Weg gewiesen hat ..."

"Das ... das ist echt hart." Die Stimme der Frau zitterte. "Ob du es glaubst oder nicht, ich weiß auch, wie das ist. Einen Vater zu haben, der dir Sachen verheimlicht, obwohl er denkt, dass er nur zu deinem Besten handelt."

Sa'har spürte ein Stechen in ihrer Brust. "Was ... wie bist du damit umgegangen? Mit alldem, meine ich."

"Hm ... es ist nicht sofort passiert. Ich hatte im Hinterkopf immer so etwas wie einen Schatten. Selbst nachdem ich mit ihm darüber gesprochen und die Antworten bekommen hatte, die ich brauchte. Dieser Schatten hat mich immer fragen lassen, warum er nicht da war. Warum war ich nicht gut genug, um ihn zum Bleiben zu bewegen?"

Meister Denolms Hand griff nach ihr. Sa'har trat zurück. "Ihr hättet meinen Bruder retten können."

Die Frau stand auf und nahm die beiden leeren Schüsseln. "Es hat lange gedauert, bis ich gemerkt habe, dass die Entscheidungen meines Vaters nichts mit mir zu tun hatten", sagte sie, während sie das Geschirr zum Zubereitungsbereich brachte. "Obwohl er schwor, er habe nur deshalb Gewürz und Blaster geschmuggelt, weil er die Credits für mich brauchte."

Meister Denolms Miene verfinsterte sich. "Ich habe dich immer nur beschützt!"

Sie stellte die Schüsseln in das leere Spülbecken und drehte sich wieder zu Sa'har um. "Irgendwann traf mich die Erkenntnis. Meinen Vater zu lieben, bedeutete nicht, dass er perfekt war. Das kann niemand sein, egal, wie wichtig er für dich ist."

"Du musst mir vertrauen!" Meister Denolms Stimme brach, voller Verzweiflung, Sa'har zur Vernunft zu bringen.

Die Frau ging zurück zum Tisch. "Als mir das klar war, ergab sich der Rest wie von selbst. Mein Vater ist nur ein Mensch – er ist mit Unglück und Leid umgegangen, so gut er konnte. Er hat Entscheidungen getroffen, die er für richtig hielt. Auch wenn ich nicht seiner Meinung bin, kann ich einräumen, dass ich das verstehe."

Sa'har presste die Worte heraus, ihre Stimme erstickt vor Angst und Unglauben. "Wurde ich von der Macht auserwählt ...?"

Die Frau setzte sich gegenüber von Sa'har wieder hin. "Aber mehr kann ich ihm nicht geben. Liebe und Vergebung für die Vergangenheit. Alles darüber hinaus bleibt mir vorbehalten. Meine Zeit und mein Fokus gehören meinen Wünschen. Was ich tun und wer ich sein will."

"Oder du?"

"Es tut mir leid." Die Frau lachte kurz. "Ich wollte dir keinen Vortrag halten oder so ..." Sie lächelte. "Aber es ist schön, wenn jemand zuhört."

"Ich weiß", entgegnete Sa'har im Flüsterton. Sie schlang die Arme fest um sich selbst. Ohne die angenehme Wärme des Essens spürte sie sehr deutlich die Kälte, die über ihre Haut zu schleichen begann.

"Danke", sagte Sa'har, als sie aufstand und die Beine ihres Stuhls über den Metallboden der Küche nach hinten schob. "Für das Essen."

Bevor die Frau antworten konnte, drehte Sa'har sich um und marschierte zur Küchentür.

"Oh ... danke für deine Gesellschaft!" Sa'har hörte, wie die Stimme der Frau hinter ihr leiser wurde. "Wir sehen uns, Tau ..."

Sobald sie den Schatten des Ganges erreicht hatte, ging sie schneller, zurück in ihren beengten Raum. Der Hornhecht-Eintopf in ihrem Bauch lag ihr plötzlich im Magen wie ein schwerer Stein. Ihr Atem ging schnell und kurz, als würde sie nicht genug Luft bekommen. Als wäre sie wieder auf Elom, gefangen in dem zerstörten Tempel ...

Zurück in ihrem Quartier bewegte Sa'har den Arm und schloss die Tür mit Hilfe der Macht. An ihrem Feldbett abgekommen, brach sie zusammen. Sie krümmte sich, drückte mit den Händen gegen die Seiten ihres Kopfes und hörte im Geiste erneut die Worte.

"Alles darüber hinaus bleibt mir vorbehalten. Meinen Wünschen. Was ich tun und wer ich sein will."

Sa'har fühlte sich verlorener und heimatloser als je zuvor. Der Padawan von Meister Denolm zu sein, war alles, was sie ausmachte. Er war tut ... was blieb noch übrig?

Durch das pulsierende Summen der Triebwerke des Transporters drang ein leiseres, zarteres Geräusch. Sa'har blickte zu dem Holocron, das in unmittelbarer Nähe lag. Es trillerte leise, wieder und wieder. Sein schwaches blaues Leuchten war zurückgekehrt.

Sa'har hob das Holocron auf. Das Relikt schmiegte sich ihrem Griff an.

Malgus lächelt höhnisch. "Weißt du, was dein Meister da gerade zerstört hat?"

Als Sa'har dieses Mal gegen das Holocron arbeitete, spürte sie weniger Widerstand, sondern eher Nachgiebigkeit. Es wollte, dass sie sah und verstand.

"Noch ist es nicht zu spät! Wir können deinen Bruder immer noch finden."

Ri'kan. Meister Denolm hatte falsch entschieden, als er sich weigerte, ihn zu nehmen. Und er hatte ihr nie von Ri'kans Fähigkeiten erzählt – eine weitere falsche Entscheidung unter der Vorgabe, Sa'har zu schützen.

Das Getriebe lief an. Metall und Kristall glitten an ihren Platz. Das Licht aus dem Holocron war jetzt gleißend hell, und es projizierte Muster an die Durastahl-Wände, so komplex und verwirrend wie die Zeichen auf den Außenseiten des Relikts.

Sa'hars Augen weiteten sich, als sie die sich ausbreitenden Illustrationen in Augenschein nahm. In all der Zeit, die sie Meister Denolm bei seinen Forschungen geholfen hatte, hatte sie so etwas noch nie gesehen. Das Einzige, was dem nahe kam, waren die verstreuten Textfetzen, die sie gemeinsam in der zerstörten Jedi-Bibliothek auf Ossus gefunden hatten.

Die Erinnerungen an die Lehren ihres toten Meisters kamen über sie. Langsam konnte sie das Gesehene erkennen und zusammensetzen, und eine Träne lief ihre Wange hinunter. Innerlich war ihr so heiß, als könnte sie jeden Moment in Flammen aufgehen.

Sie war nicht ganz sicher, aber sie sah genug, um zu wissen, dass die Pläne in diesem Holocron anders waren. Was auch immer die Maschine auf Elom gewesen war, das hier war ... etwas anderes. Es war mehr. Dieses Gerät sollte vergessene Seelen nicht einfach finden, wie Malgus es bei der Maschine angedeutet hatte, die Meister Denolm zerstört hatte. Es sollte mit ihnen sprechen – um in ihnen irgendetwas zu entzünden, zu entfachen.

Ein lautes Geräusch schreckte Sa'har auf, als das Holocron auf den Boden fiel. Die blau leuchtenden Pläne waren alle verschwunden, das Relikt lag stumm und dunkel zu ihren Füßen.

Trotz all seiner Macht, all seines Wissens, war Meister Denolm immer noch ein Mensch. Er wusste, wozu diese Maschine imstande war, was passieren konnte, wenn sie versuchte, sie zu benutzen ... und er tat, was er für das Beste hielt.

"Sa'har!" Meister Denolms Augen waren weit offen und blickten direkt in ihre.

Sie könnte ihm Vergebung gewähren. Verständnis. Alles darüber hinaus blieb Sa’har vorbehalten. Wer sie sein und was sie tun wollte.

Sie konnte sich nicht erinnern, wann Meister Denolm ihrem Blick zum letzten Mal so offen standgehalten hatte. "Das tut mir leid."

"Ich weiß", flüsterte Sa'har. Wie als Reaktion summten die Triebwerke des Transporters. "Es ist in Ordnung. Aber ich muss das tun."

Vom Geräusch des stetig pulsierenden Schiffs eingelullt, sank Sa'har zu Boden. Sie schloss die Augen, zog die Knie an die Brust und lauschte.

"Konzentriere dich, Sa’har ..."

Sa'hars Augen öffneten sich, und das Schiff war weg. Ein jüngerer Meister Denolm saß ihr gegenüber auf dem Boden des Waisenhauses, in dem ihr Leben begonnen hatte. Ri'kan war an ihrer Seite und hüpfte aufgeregt, grinsend und begierig darauf, den Jedi zu beeindrucken, der zu Besuch gekommen war.

Meister Denolm lächelte, als er seine Hand ausstreckte und ihnen ein einfaches Spielzeug entgegenhielt. "Vertrau dir selbst", sagte er freundlich. "Du schaffst das. Es mag schwierig sein, aber es ist nicht unmöglich."

Sa'har griff mit beiden Hände nach dem Spielzeug, doch bevor sie es an sich nehmen und nachstellen konnte, was vor so langer Zeit geschehen war, befand sie sich woanders. Eine bessere, aber beengte Fähre von der Art, wie sie weniger wohlhabende Senatoren der Republik bevorzugten, raste durch den Hyperraum. Sie hatte dergleichen öfter gesehen, wenn Meister Denolm sie nach Coruscant mitgenommen hatte, die Welt, von der sie – und die letzten verbliebenen Jedi – nun flohen.

"Es ist noch nicht vorbei, Sa’har." Meister Denolms Stimme war angespannt, als er seinen Umhang um ihre Schultern legte. Sie zitterte immer noch vor dem Gefecht mit den brutalen Eindringlingen, die sich gewaltsam ihren Weg durch die Republik bahnten. "Ein Leid wie dieses kann nicht ewig dauern, und wir müssen bereit sein, die Überreste einzusammeln, wenn es vorbei ist."

Sie blickte in sein entschlossenes Gesicht, das nun nur noch eine Silhouette war, weil am Himmel hinter ihm die brennende Sonne von Ossus stand. Der Boden unter ihren Knien war trocken und brach auf. Die Beweise ihres Scheiterns, ein Beet mit Barabel-Früchten zu bestellen, umgaben sie.

Meister Denolm streckte seine Hand aus und half Sa'har auf die Füße. "Die Macht hat dich gewählt. Ich ... habe dich gewählt. Ich weiß, wozu du fähig bist, auch wenn du es noch nicht siehst." Er wandte sich ab und ging fort, und Sa'har folgte ihm. Nach wenigen Schritten wurde die Wüste von Ossus zu einem vereisten Ödland. Sie folgte ihm zum Eingang der Tempelruinen auf Elom.

Meister Denolm hielt an, und er blickte nach oben in die Ruinen. Sa'har stand neben ihm. Sie spürte seine Angst, den inneren Kampf, sich selbst davon zu überzeugen, dass er das Richtige tat, und vor allem seine Bemühungen, jedes Zögern zu unterdrücken.

"Aber es werden Zeiten kommen, voller tiefdunkler Zweifel, und ich werde nicht da sein, um dir das zu sagen." Meister Denolm drehte sich zu ihr. "Du musst es dir selbst sagen, musst dich selbst wählen – und du musst es glauben."

Und dann war er fort. Elom war fort. Sa'har war allein. Um sie herum nur staubige, leblose Einsamkeit. Aber in der Ferne am Horizont konnte sie eine dunkle Gestalt sehen, nicht größer als ein Stecknadelkopf. Sie ging nach vorne, und die dunkle Gestalt wurde größer, als sie sich einander näherten.

Jetzt konnte sie sie deutlich sehen. Direkt vor ihr. Er war älter, anders, aber ihren Bruder würde sie überall wiedererkennen. Er sah aus wie ein Kämpfer, stark und kräftig. Um seinen Hals lagen die Ketten aus Sa'hars Albträumen, aber sie waren zerbrochen und stellten keine Fesseln für ihn dar. Er lächelte sie an und streckte beide Hände aus. Als sie danach griff, sah sie in seinen Handflächen ein Messer.

"Wenn du bereit bist, befreie dich." Dunkelheit senkt sich herab ...

Sie öffnete ihre Augen, aber die Dunkelheit war immer noch da. Die Hitze und der Lärm sagten ihr, dass sie sich immer noch auf dem Boden ihrer Unterkunft in dem Transporter befand. Das Holocron leuchtete wieder sanft – nicht hell, aber stetig. Die überwältigende, erstickende Niederlage, die sie seit ihrer Flucht von Elom empfunden hatte, war verschwunden ... stattdessen spürte sie ein Band der Macht zu ihrem Bruder, einen Kompass, der sie zu Ri'kan führte.

Sa'har stand auf, griff nach dem zerlumpten Umhang, in dem sie das Holocron versteckt hatte, und legte ihn über das Relikt. Sie machte ein Bündel daraus und legte es zu ihren wenigen Habseligkeiten, damit sie rasch danach greifen und sich absetzen konnte, sobald der Transporter in einigen Tagen sein Ziel erreichte.

Dort musste sie sich an Bord eines anderen Schiffs schleichen, aber dieses Mal kannte sie ihr Ziel. Dieses Mal wusste sie, was sie tun und wer sie sein musste: eine Kriegerin, eine Befreierin, eine Freundin ... eine Schwester.

Sa'har legte sich auf ihr Feldbett und zwang sich zur Ruhe – sie musste für den bevorstehenden Kampf jede Menge Kraft sammeln. Als die Anspannung ihre Muskeln verließ, trieb ihr Geist dahin. Sie dachte an Ri'kan, an Meister Denolm, an die Frau in der Küche. Bald darauf schlief sie ein, in der befriedigenden Sicherheit, dass zum ersten Mal seit langer Zeit keine Albträume kommen würden.

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